Jetzt aber mal ehrlich

In den Pausen. Die Lichter gingen mir oft in den Pausen auf. Die Aha-Momente, die im Seminar oft höchstens halbfertig auf der Strecke blieben, kamen hier plötzlich zustande. Und zwar so: Die Diskussionen aus den Veranstaltungen wurden hier oft mit dem Anlaut: „Jetzt aber mal ehrlich…“ fortgesetzt. Woran lag das? Es kann ja wohl nicht allein der Häuslichkeit des Schweizerdeutschen zugerechnet werden, oder?

Lähmt die Universität das Denken?

Einmal ist da der Leistungsdruck. Im universitären Kontext ist die Diskussionspartnerin immer auch Bewerterin. Das kann lähmen. Studierende trauen sich nicht, etwas zu sagen und die Reaktion der Professoren (in meiner begrenzten Erfahrung primär der Männer) ist nicht, bessere Texte zu suchen, zu animieren pädagogisch kreativ zu werden. Sie reden. Besonders prekär wird das, wenn ein Seminar von zwei Dozierenden geleitet wird, die sich den Ball hin und her schieben. Zu oft übersteigt das Niveau solcher Diskussionen leider nicht dasjenige eines mittelmässigen YouTube-Tutorials. Ein solches Gespräch zu unterbrechen wirkt trotzdem oft deplatziert und inhaltlich können Studierende ja auch selten mehr beitragen, als dass sie die Stimme der Studierenden sind. Diese von Leistungsdruck und universitärer Hierarchie geprägte Stimmung ist deshalb für echte Diskussion - eigentlich - ungeeignet.

Das zweite ist: Rede ich, beziehe ich Stellung. Beziehe ich Stellung, riskiere ich etwas. Und hier geht es nicht um die Leistung, sondern um die Öffentlichkeit. Für was will ich überhaupt öffentlich einstehen? Gerade im Studieralter hat sich die Antwort auf diese Frage noch nicht so gesetzt, dass man sie - auf Gedeih und Verderb - verteidigen würde. 

Riskier etwas!

Jetzt aber mal ehrlich: Wozu studieren wir? Ich habe mein Studium immer dann als besonders spannend erlebt, wenn ich meine eigene Position riskiert habe. Am einfachsten ging das, das habe ich schon erwähnt, in den Pausen. Ein Ort, wo man einfach mal alles sagen kann und darf ist aber dennoch eine Illusion. Der Nervenkitzel steigt mit dem Einsatz, es ist wie im Casino. Die Universität lebt davon, dass wir unsere intellektuelle Deckung verlassen. 

Dieser Blog will deshalb zweierlei: Einerseits soll hier gedacht werden, ohne einem Noten-, und Leistungsdruck ausgesetzt zu sein. Insofern ist das eine Art safe space. Andererseits ist es ein Übungsfeld für öffentlichen Diskurs. Hier diskutieren Studierende mit Studierenden 

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Ich will ein Kühlschrank sein