Ich will ein Kühlschrank sein

Weshalb ich Theologie studiere, werde ich jeweils gefragt, also dann, wenn ich nicht gefragt werde, was Theologie denn eigentlich sei. Ich mag beide Fragen nicht. Die kurze, aber doch präzise Antwort fehlt mir auch heute noch, nach einigen Semestern Theologiestudium. 

Ich möchte herausfinden, was dieses uralte Buch mit mir heute zu tun hat. Denn: obwohl mir die Bibel vertraut ist, weil ich damit aufgewachsen bin, ist und bleibt sie mir immer wieder fremd. 

Theologie - Was hat das alles mit mir zu tun?!

Nun bin ich also an der Uni und merke: nachdem ich mir als Kind viele Bibelverse und Geschichten eingeprägt habe, ohne zu wissen, was das mit mir zu tun haben soll, geschieht an der Universität genau dasselbe. Mit dem kleinen grossen Unterschied, dass mir hier Zugang zu einem unendlichen Wissen eröffnet wird. Die Bibel, die war ja irgendwann mal durchgelesen. Damit war die Sache zwar auch nicht beendet, denn dann beginnt man ja wieder dasselbe von vorne. Doch hier an der Uni gibt’s immer noch einen Mann mehr, der irgendwann mal etwas Bahnbrechendes geschrieben hat, «das müssen Sie kennen», eine Theorie mehr, die es noch zu beachten gibt, eine bestimmte Schule, die ich sicherlich noch zu wenig gut kenne, einen Kommentar mehr, mit dem ich mich noch intensiver befassen müsste, eine Textstelle, die man noch genauer unter die Lupe nehmen sollte. 

Was das alles mit mir zu tun hat? Ich habe keine Ahnung. Ja, ich bin die, die keine Ahnung hat. Aber deshalb studiere ich nicht Theologie. Denn ich habe diese Ahnung in mir, dass mir dieses alte Buch auch heute noch etwas sagen will. Nicht die Bücher von Augustinus meine ich, nicht die Schriften Zwinglis, nicht das Lebenswerk Barths. Wenn es denn unbedingt ein Mann sein muss, dann dieser Jesus. Wer war das, was wollte der? Weshalb soll ich mich damit befassen?

An der Uni passt diese Frage nicht. Sie ist unangenehm, peinlich. Die Frage würde im Raum stehen, analysiert und beschrieben werden. Das sei eine existenzielle Frage, Gegenstand des Glaubens und nicht des Wissens. Eine Frage, die vielleicht nie beantwortet werden kann, die einem viel mehr wachhalten soll, suchend, tastend. Diese Frage können nur Sie beantworten, vielleicht lässt sie sich aber auch überhaupt nicht beantworten. Kommen wir zurück zum Thema: die Ganztodthese, Gattungen des Psalters, der Begriff «Autonomie», die SBB Verben. 

Weshalb studierst du Theologie, werde ich gefragt. Gestern habe ich wohl eine kurze und doch präzise Antwort darauf gefunden: Weil ich ein Kühlschrank sein will. Denn Kühlschränke braucht die Welt, sonst vergammelt sie. Ich will nicht, dass die Welt vergammelt. 

Kühlschränke braucht die Welt, sonst vergammelt sie.

So übersetzt die Volxbibel die berühmten Worte Jesu aus der Bergpredigt: «Ihr seid das Salz der Erde». Mir gefällt an dieser Stelle der Mut der Volxbibel. Sie wagt etwas, sie sagt etwas aus. Sie versucht, Worte Jesu in meinen Alltag zu übersetzen. Ohne Angst, dabei auf Wichtiges zu verzichten oder einseitig zu werden. 

Denn diese Angst ist berechtigt und wichtig. Ich kenne sie nur zu gut und begegne ihr tagtäglich an der Uni. Doch wünsche ich mir und uns allen mehr von diesem Mut. Ich möchte Worte und Bilder suchen und dann auch zu sagen wagen, was das Alles mit mir heute zu tun hat: die Bibel, dieser Jesus, der Kühlschrank. 




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